Zeit ist bei Arnheim ein konstitutives Element im Film. Arnheim bespricht dabei in seinem Buch „Film als Kunst“ vier große Bereiche in denen Zeit im Film behandelt wird, die Montage, der Zeitraffer, die Zeitlupe, der rückwärtslaufende Film und zu guter Letzt das Standfoto.
Montage bedeutet für Arnheim, dass ein Zeitablauf zerschnitten wird und räumlich und zeitlich Disparates aneinander „gepappt“ wird. Arnheim unterscheidet drei Zeitverhältnisse durch Montage: Gleichzeitigkeit, Vorher-Nachher und zeitlich Indifferentes. Eine Gleichzeitigkeit kann in mehreren ganzen Szenen, also während in X das passierte, wurde in Y etwas anderes getan, oder es können auch Details eines Schauplatzes während eines Zeitmoments gezeigt werden.
Ebenso das Vorher-Nachher kann in ganzen Szenen, die zeitlich aufeinanderfolgen passieren oder eine Aufeinanderfolge innerhalb einer Szene, also ein Nacheinander von Details, die innerhalb eines Gesamtvorgangs zeitlich aufeinanderfolgen. Das Vorher-Nachher kann allerdings auch in Erinnerungen oder Voraussichten im Film deutlich werden.
Zeitlich indifferent sind Gesamtvorgänge, die nicht zeitlich zueinanderstehen, sondern nur inhaltlich zusammengehören oder Einzelaufnahmen, die nicht zeitlich zueinanderstehen. Eine Besonderheit der zeitlich indifferenten Montage bildet die symbolische Montage, bei der Einzelaufnahmen in einen Gesamtvorgang geschachtelt werden. Pudowkin nutzt die symbolische Montage in seinem Film „Die Mutter“. Dort soll ein Gefangener befreit werden und um seine Freude darüber noch stärker hervorzuheben, baut Pudowkin Bilder von rauschenden Flüssen auf denen die Sonne glitzert und einem lachenden Kleinkind ein.
Manche Stilmittel waren für Arnheim (damals) noch unausgeschöpft und unausprobiert wie der rückwärtslaufende Film. Arnheim empfindet diese Stilmittel allerdings als Tricks, die höchst geeignet sein mögen, die Wirklichkeit durch stilisierte Abbilder zu deuten, aber zu Bilder führen, die äußerlich nicht den Eindruck vermitteln: das ist Wirklichkeit. Unsere Sehgewohnheit hat sich heute mittlerweile geändert, so dass man sich der Seltsamkeit solcher Effekte nicht mehr versichert sein kann, was Arnheim 1932 noch so empfand. Ein Beispiel hier wird ein Ausschnitt aus „Funny Games“ von 1997 sein, welches den rückwärtslaufenden Film sehr clever benutzt und Techniken zitiert.
Der Zeitraffer wurde damals durch die Belichtung des Films in einer langsameren Aufeinanderfolge der Bilder, als man ihn später vorführt erzeugt. So wirkt die Zeit komprimiert, das Tempo beschleunigt. Dies ruft besondere Wirkungen hervor. In dem Film „Time Maschine“ von 1960 wird der Zeitraffer sehr stark benutzt, wie das Filmbeispiel zeigt (im bei etwa 6 Minuten). Der Film „Time Maschine“ nutzt Zeit allerdings nicht nur als Stilmittel, sondern hat Zeit vor allem als Thema. Arnheim behandelt dies in seinen Büchern nicht. Zeit sieht er als stilistisches Mittel geht allerdings nichts darauf ein, wenn Filme Zeit als Thema behandeln. In „Time Maschine“ entwickelt ein Mann eine Maschine mit der er in die Zukunft reisen kann und dort auf eine ganz neue Gesellschaft trifft, so wird Zeit thematisch behandelt. Die Reise in die Zukunft wird durch den Zeitraffer gezeigt und somit Zeit auch als Stilmittel genutzt.
Um 1930 wurde die Zeitlupe fast ausschließlich für den Kulturfilm verwendet. Für Arnheim war die Zeitlupe sehr interessant denn sie zeigt groteske Verlangsamung natürlicher Bewegungen und kann neue Bewegungen schaffen, die gar nicht als Verlangsamung schneller Bewegungen sondern als eigentümlich gleitende, schwebende, überirdische wirken. Heutzutage wird die Zeitlupe gerne zur Verstärkung bestimmter Kampfhandlungen benutzt (vor allem in chinesischen Kampffilmen) oder um eine Person oder eine Handlung stärker hervorzuheben wie im Beispiel aus „Matrix Reloaded“ in dem die beiden aufeinander prallenden Trucks in Zeitlupe gezeigt werden um die übernatürliche Schnelligkeit Neos hervorzuheben.
Eine merkwürdige Wirkung besitzt für Arnheim das Standfoto. Da der Zeitablauf, der in der bewegten Filmszene vorhanden ist auf das Standbild übertragen wird. Es wird ein Erstarren erzeugt und diese Starre wird als Bewegung gewertet, als Bewegungsstillstand. Arnheim schreibt dazu:
„Während eine einzelne Fotografie fast niemals den Eindruck der Starrheit macht, weil man sie nämlich nicht bewegungsmäßig und die Zeit, in der man sie betrachtet, nicht als Zeitablauf im Sinne des auf dem Bilde gezeigten Vorgangs ansieht, wirkt eine in einem Film eingeschaltete Standphotographie wie Gottes über Lots Weib“ (Arnheim 1932, S.119)
In den folgenden beiden Ausschnitten wurde das Standbild auf besondere Weise eingesetzt. In „Hero“ und „The Big Fish“ bleiben nur bestimmte Dinge im Bild stehen. In „Hero“ bleiben die Regentropfen in der Luft hängen und „Der Namenlose“ (Jet Li) läuft durch sie hindurch. Ähnlich so in „The Big Fish“. Der Protagonist Edward Bloom (Ewan McGregor) trifft auf seine große Liebe und die Zeit bleibt stehen. Der Einzige, der sich noch im Bild bewegt ist Edward, der Rest ist Standbild. Durch diese Möglichkeiten kann man Bilder erzeugen, die etwas Künstliches haben, oder eine Surrealität herstellen.