Der Begriff der Zeit ist, so wie viele andere abstrakte Konzepte auch, ein soziokulturell geprägter Begriff, der sich durch die Menschheitsgeschichte hinweg verändert hat. Die ersten bekannten Auseinandersetzungen mit dem Thema stammen aus dem antiken Griechenland. Der Philosoph Plato beispielsweise gliederte die Zeit in seine Ideenlehre ein, nach der unsere Welt nur aus den bewegten Abbildungen der für uns verborgenen Welt der Ideen besteht. Zeit und Raum sind daher ebenso nicht substantiell sondern eben Abbildungen des ewigen Seins aus der Ideenwelt. Er verband also den Gedanken der Zeit mit dem Sein, welches in der von Menschen wahrnehmbaren Welt eben gar nicht existiere. Sein Schüler Aristoteles ( 384 v. Chr. - 322 v. Chr.) beschrieb Zeit als das Maß der Veränderung. Der Charakter der Zeit ist, dass sich Dinge in ihr verändern, die Zeit selbst aber nicht. Auch verband er, wie auch in Ansätzen schon Plato, Zeit mit Raum und konstruierte so erstmals etwas, das der Idee des Raum-Zeit-Kontinuums nahe kam.
Augustinus (354 - 430) verknüpfte die Zeit mit dem menschlichen Bewusstsein: Wir nehmen die Zeit sequentiell war, als Vergangenheit (Erinnerungen), Gegenwart und Zukunft (Erwartungen). Diese Abfolge, das chronologische Nacheinander ist konstitutiv für die menschliche Existenz, für Gott -so Augustinus - sei alle Zeit Gegenwart. Auf dieser Grundlage unterschied Augustinus auch erstmals eine Zeit als physikalische Größe mit objektiven Zeiteinheiten, die unabhängig von ihrer Wahrnehmung ist und eine subjektive, erlebte Zeit, die der Wahrnehmung des Individuums entspringt. Auf Basis der Idee einer physikalischen Zeitdefinition und des Raum-Zeit-Kontinuums charakterisierte Isaac Newton (1643 - 1727) Zeit (und Raum) als "Behälter von Ereignisse", die selbst bestimmte objektartige Eigenschaften besitzen, also als etwas Substantielles existieren. Tatsächlich ist dieser Grundgedanke noch immer die Grundlage für das Zeitverständnis in den Naturwissenschaften, wo das Objekt Raumzeit wie andere physikalische Größen gehandhabt wird. Gottfried Wilhelm Leibniz (1646-1716) führte währenddessen die Idee der subjektiven Zeit weiter und sah Zeit als gedankliche Konstruktion orientiert an Ereignissen (als subjektive Maßeinheit). Zeit selbst hat daher kein Wesen (ähnlich wie bei Plato) und keinen Fluss sondern wird von den Menschen konstruiert.
Es lassen sich also auch mit Blick auf die Gegenwart zwei grundlegende Zeitbegriffe unterscheiden: Zum einen die Zeit als objektive Größe und standardisierte Maßeinheit, die heute neben der Bedeutung für die Naturwissenschaft auch eine wichtige gesellschaftliche Rolle spielt (soziale Zeit). In der westlichen Kultur (aber nicht nur dort) stellt die Vereinheitlichung der Zeitmessung besonders im Verlauf der Industrialisierung einen wichtigen Fortschritt dar und die heute wie selbstverständlich wirkenden Lebensstrukturen, die unsere Zeit auch unter unsere Kontrolle stellen, die verbreitete Idee 'Zeit zu nutzen' und nicht 'vertreichen zu lassen', sie also als Ressource zu betrachten, sind erst dadurch ermöglicht worden. Zentrale Begriffe sind heute beispielsweise Zeitmanagement oder Zeitbudgets, Arbeitsteilung, Schichtarbeit, Synchronisierung, Freizeit. Die Zeitmessung hat immer granularere Zeiteinheiten zur Koordninierung (Jahr, Monat, Woche, Tag, Stunden, Minute, Sekunde, ...) entwickelt - aber auch immer größere Zeitabstände in den Blick genommen -, gleichzeitig koppelt sich die Zeit immer mehr von natürlichen Zeitrhythmen ab.
Auf der anderen Seite gilt die Zeit als persönliche Form der Wahrnehmung oder "reine Anschauungsform", wie sie von Immanuel Kant gesehen wurde. Sie ist für uns eine Bedingung zur Weltwahrnehmung und zum Weltverstehen. Entgegen der langläufigen Meinung gibt es keine im Gehirn verankerte, nachweisbare 'innere Uhr', wir quantifizieren Zeit als Abstand zwischen Ereignissen und unsere subjektive Wahrnehmung ist nicht gleichbedeutend mit der objektiven Maßeinheit. Es gibt biologische Abläufe und Zyklen im Menschen (und in jedem anderen Lebewesen), welche die Zeitwahrnehmung bestimmen. Daraus entspringen unbewusst Grundlagen zur Zeitwahrnehmungen wie die Linearität von Zeit oder die zyklische, wiederkehrende Zeit. Die Endlichkeit der Zeit bedingt durch die Sterblichkeit ist ebenso ein entscheidender Aspekt, er wirkt sich essentiell auf nahezu jeden Aspekt des Menschseins aus. Zeitwahrnehmung ist aber zudem auch vom Individuum abhängig (individuelle Zeit). So wird das Vergehen der Zeit üblicherweise in Abhängigkeit von der jeweiligen Tätigkeit oder der mentalen Auslastung gesehen, die Zeit 'vergeht wie im Flug' wenn man bei einer Tätigkeit Freude empfindet oder aber 'bleibt förmlich stehen', wenn einem die Tätigkeit widerstrebt.
Das Spannungsfeld dieser beiden Zeitbegriffe wurde und wird daher auch in vielen Medien verarbeitet, im Rahmen dieses Projektes wollen wir uns speziell auf Filme konzentrieren. Aber auch in vielen weitaus älteren Geschichten spielt die Zeit ein zentrale formale oder inhaltliche Rolle. So ist der Widerspruch von Realzeit und Erzählzeit auch schon in Zeiten des geschriebenen Wortes evident, viele Biografien beschreiben z.B. für den Leser in wenigen Tagen oder Wochen das ganzen Leben einer Person. Gleichsam können einzelne Passagen sehr detailliert beschrieben werden und laufen für den Leser quasi 'in Echtzeit' ab. Die von uns im F@pisode24olgenden aufgegriffenen filmischen Mittel und Themen um den Zeitbegriff sind also nicht erstmals und ausschließlich in diesem Medium ver- und behandelt worden.