Beispiel: Die Sims 2

Ein Beispiel, in dem sehr plakativ reale, virtuelle und projektive Identität im Sinne des Identitätsdreiecks nach James Paul Gee vorzufinden sind, ist das Spiel DIE SIMS 2. In diesem Spiel können von einer realen Identität verschiedenartige virtuelle Identitäten konstruiert werden, bei denen im Sinn der projektiven Identität als Grenzfläche bei der Gestaltung der virtuellen Identität ein breites Spektrum der Gestaltung angeboten wird. Dies impliziert neben der optischen Gestaltung der Spielfigur, auch die Gestaltung der Persönlichkeit, wie beispielsweise Karrieremensch oder Familienmensch.

Das Spiel beschreibt eine Spielgeschichte, die sich mit dem menschlichen Alltagsleben auseinandersetzt, wobei die Hauptfigur der Spieler selbst ist. Zu Beginn des Spiels erstellt der Spieler eine Figur, die er nach seinen Vorstellungen und Wünschen gestalten kann, den virtuellen Charakter. Diesen kann er wie sein Ebenbild formen oder aber auch Wünsche, die er an sich selbst stellt, auf diese virtuelle Person übertragen. Das kann zum Beispiel die Frisur oder die Körperfülle betreffen und führt soweit, dass selbst Gesichtszüge der Spielfigur bestimmt werden können, sogar, ob die Hauptfigur um andere, wie Kinder oder Frau/Mann ergänzt wird. Nach dem Start des Spiels wird bestimmt, wie der virtuelle Charakter lebt und wohnt. Der Spieler sucht sich eine Arbeitsstelle und ist dabei in seiner Entscheidung recht frei, da er diese auch ablehnen kann, bis er eine für sich Entsprechende gefunden hat. Auch Freundschaften und soziale Kontakte können geknüpft werden oder aber beendet werden. Das Spiel bietet dem Spieler und insbesondere Kindern somit die Möglichkeit, eine Person in einer Parallelwelt zu sein. Selbstverständlich hat der virtuelle Charakter aber auch Bedürfnisse, auf die der reale Charakter achten muss, um das Spiel fortsetzen zu können. Diese Bedürfnisse kann die reale Identität nicht beeinflussen oder ausschalten, weil es nicht seine, sondern die der virtuellen Identität sind. Hier wird die Schnittstelle zwischen realer und virtueller Identität, die projektive Identität, sehr deutlich. Werden die Bedürfnisse der virtuellen Identität von der realen Identität nicht befriedigt, so wird das Spiel einen für den Spieler ungünstigen und für den virtuellen Charakter nicht vorgesehenen Verlauf nehmen. Wenn der virtuelle Charakter beispielsweise nach Schlaf verlangt, den er nur durch den Befehl des realen Charakters erhalten kann, aber nicht erhält, so wird er sich zum Beispiel zwangsläufig weigern zur Arbeit zu gehen, weil er zu müde ist, um diese Tätigkeit auszuführen. Wird sein Bedürfnis nach Nahrung nicht befriedigt, wird er zwangsläufig sterben. Wird ihm der Besuch der Toilette versagt, wird er sich zwangsläufig anderweitig erleichtern, zum Beispiel im Flur des Hauses oder ähnlichen unangebrachten Orten. Mit diesen gegebenen Voraussetzungen und Grenzen muss der Spieler leben und arbeiten, nachdem er sie verstanden hat. Er muss mit seinen, wie Gee es formuliert, Identitäten spielen, um zum Erfolg zu gelangen und ein effektives Lernen zu ermöglichen. Für ein Kind kann es diesbezüglich einen Lernprozess darstellen, wenn es die Erkenntnis erlangt, dass das Leben an Bedingungen geknüpft ist. In diesem Fall verhält sich das durch die Simulation dargestellte Leben wie die reale Welt. Reflektieren Kinder ihr Verhalten im Spiel, so werden bestimmte Verhaltensweisen auch für das Leben trainiert. In DIE SIMS wird der Spieler automatisch dazu gebracht zu reflektieren, um zukünftige Aufgaben zu lösen. Dabei reflektiert die reale Identität jedoch nicht sein Verhalten, sondern das der virtuellen Identität. Der Spieler spielt aktiv das Spiel, welches er durch die Gestaltung seines Charakters beziehungsweise seiner Charaktere individuell gestaltet hat. Dabei ist er jedoch darauf angewiesen auch die Wünsche des virtuellen Charakters zu berücksichtigen, um im Spiel DIE SIMS, im wahrsten Sinne des Wortes, zu überleben. Nur das Zusammenspiel aller Identitäten führt zum Spielziel und einem Erkenntnisgewinn, der den Lernerfolg darstellt.