Im Folgenden soll nun geklärt werden, wie Spiele, welche mit verschiedenartigen Identitäten spielen, zum Lernen außerhalb von Videospielen beitragen können. James Paul Gee äußert sich zu der Frage, was Kinder seiner Ansicht nach von Computerspielen lernen sollen, wie folgt:„Mit guten Computerspielen macht Lernen Spaß. Wenn man sich gute Spiele wie RISE OF NATIONS, AGE OF MYTHOLOGY, THE ELDER STROLLS IV: OBLIVION und TONY HAWK`S UNDERGROUND anschaut, kann man sich vorstellen wie man Lernen in der Schule oder am Arbeitsplatz besser machen kann. Diese schwierigen und zeitlich aufwendigen Spiele machen das Lernen zum Vergnügen. Sie bieten dem Spieler starke Identitäten. Er lernt neue Gebiete kennen, er kann die Welt sehen, wie sie ein Wissenschaftler sieht. Das Gameplay baut sich auf aus einem Kreis aus Hypothese, Versuch, Reaktion und der Reflektion über dieses Ergebnis und einem neuen Versuch, um ein besseres Ergebnis zu erzielen. Das ist typisch für die experimentelle Wissenschaft“ (Hauck 2008).
Ein tiefgründiges und effektives Lernen fordert stets auch ein aktives und kritisches Lernen. Die bereits beschriebenen semiotic domains als Lernräume sind ein wichtiger Baustein in diesem Prozess. Doch für ein effektives Lernen ist es auch wichtig sich dieser semiotic domain anzunehmen und sich mit seinen Fähigkeiten vollkommen einzubringen:„People cannot learn in a deep way within a semiotic domain if they are not willing to commit themselves fully to the learning in terms of time, effort, and active engagement Such a commitment requires that they are willing to see themselves in terms of new identity, that is, to see themselves as the kind of person who can learn, use, and value the new semiotic domain“ (Gee 2003, 59).
Dabei spielt auch Anerkennung eine große Rolle, wobei diese nicht von beliebigen Personen stammen sollte, sondern von Menschen, die identische Ziele haben und sich mit der vorhandenen semiotic domain identifizieren können. Nur sie können wahre Anerkennung aussprechen, weil sie Teil dieser „Gemeinschaft“ sind und über das Wissen verfügen, wie sich innerhalb der semiotic domain verhalten werden kann oder darf. Die drei Identitäten - virtuelle, reale und projektive - können dazu beitragen, dass oben genannte Lernwiderstände überwunden werden. Dies erfolgt, indem direkt durch das Spiel mit den Identitäten die Grundlage für ein aktives und kritisches Lernen gelegt wird, was in jeder semiotic domain von großer Bedeutung ist: „Without such an identity commitment, no deep learning can occur“ (Gee 2003, 59).
Für Gee ist aktives und kritisches Lernen bedingt durch das Spielen mit den drei Identitäten. Insbesondere in Videospielen werden nun diese Möglichkeiten offenbart mit Identitäten zu spielen, Handlungen zu reflektieren und somit aktiv und kritisch zu lernen. „Spiele ermutigen den Spieler systematisch zu denken, nicht isoliert in Ereignissen, Tatsachen und Fähigkeiten. Spieler dürfen nicht linear denken, sie müssen ihre Wege und Ziele von Zeit zu Zeit überdenken“ (Hauck 2008).
Aus den Erfahrungen und dem Gelernten kann der Spieler für sich neues Wissen erschaffen, welches seine Persönlichkeit sowie zukünftigen Handlungen formt. Dies trifft nach Meinung Gees gerade deshalb zu, weil der Spieler aktiv teilnehmen muss und nicht nur passiv rezipiert: „This tripartite play of identities (a virtual identity, a real-world identity, and a projective identity) in the relationship >>player as virtual character<< is quite powerful. It transcends identification with characters in novels or movies, for instance, because it is both active (the player actively does things) and reflexive, in the sense that once the player has made some choices about the virtual character, the virtual character is now developed in a way that sets certain parameters about what the player can do. The virtual character redounds back on the player and affects his or her future actions” (Gee 2003, 58).
Gee ist des Weiteren ein starker Verfechter der These, dass gute Spiele gute Lernprinzipien widerspiegeln. Für ihn ist es selbstverständlich, dass jedes Kind demzufolge einen Computer oder eine Spielkonsole besitzen sollte:
„Computer sind eine neue Form der Lese- und Schreibfähigkeit, sie sind entscheidend in einer globalisierten Welt. Kinder müssen sich sowohl mit dem gedruckten Wort als auch der digitalen Welt vertraut machen können. Und das so früh wie möglich“ (Hauck 2008).
Hinsichtlich dieses Aspektes ist es für Gee selbstverständlich, dass dabei keine Klassenunterschiede auftreten dürfen. Computerspiele sind für ihn kein Unterschichtenphänomen:„Kinder aller Klassen und Schichten spielen am Computer. Ich habe mit Kindern aus reichen und armen Familien, mit Kindern aus Migranten- und Nicht-Migranten-Familien zusammengearbeitet und keine solchen Hinweise gefunden. In den USA spielen 90% der Kinder am Computer“ (Hauck 2008).Dabei sieht Gee eine ganz enge Verbindung zwischen Computerspielen, dem damit verbundenen Lernen und dem Lernen allgemein.
„Tatsache ist, dass viele Kinder, und das sind vor allem die bessergestellten, Computerspiele nutzen, um digitale Technologien zu verstehen. Sie gewinnen so Fähigkeiten, die sie für ihren weiteren Erfolg in Schule und Beruf nutzen können“ (Hauck 2008).