Die projektive Identität steht im Identitätsdreieck nach James Paul Gee als Schnittstelle zwischen virtueller und realer Identität. Für Gee ist diese Identität von zentraler Wichtigkeit bei der Bewertung von guten Spielen. Nur durch diese Identität wird ein aktives, reflexives und effektives Lernen mit Computerspielen möglich. Es handelt sich dabei um die Art, die die reale Identität für die Virtuelle auswählt. Gee erläutert diese projektive Identität, die für ihn am schwierigsten zu Definierende, mit folgenden Worten näher: „(...) the kind of history I want her to have, the kind of person and history I am trying to build in and through her is what I mean by a projective identity“ (Gee 2003, 56). Gehen wir ein weiteres Mal von der Beziehung „Realer Charakter als Virtueller Charakter“ aus, stellt hier das „als“ die Grenzfläche dar, an der sich virtuelle und reale Identität berühren: „(...) the projective identity is both mine [reale Identität von J. P. Gee, F.W.] and hers [virtuelle Identität, F.W.], and it is a space in which I can transcend both her limitations and my own“ (Gee 2003, 56). Dabei wird zwischen zwei Arten der Projektion differenziert, zum einen die Projektion eigener Werte und Wünsche auf die virtuelle Identität und zum anderen das Betrachten des virtuellen Charakters als eigenständige Projektion in der Entstehung, wobei das Wesen, welches durch die reale Identität auf eine bestimmte Laufbahn durch die Zeit geschickt wird, definiert ist von den Bestrebungen, welche der reale Charakter für den virtuellen Charakter hat, was dieser gegenwärtig ist und was er zukünftig werden soll. Das bedeutet, bei der Projektion eigener Werte und Wünsche, dass der virtuelle Charakter als Spiegelbild des eigenen realen Charakters zu betrachten ist, einschließlich eigener Wunsch- und Idealvorstellungen. Für die zweite Art der Projektion bedeutet dies, dass die reale Identität die Geschichte und die Erfahrungen des virtuellen Charakters betrachtet und nach einer Reflektion versucht, diese entsprechend zu steuern.Für einen Spieler als reale Identität stehen zu Beginn meistens mehrere Wahlmöglichkeiten zur Verfügung. Mit diesen wird der virtuelle Charakter geformt, wobei der Spieler, ob bewusst oder unbewusst, die zu wählenden Eigenschaften seines Selbst reflektiert und kritisch beschaut. Doch nur zu Spielbeginn besteht die Möglichkeit, die virtuelle Identität zu formen. Während des Spielablaufs ändert sich dieses aufgrund der Erfahrung, die die reale Identität als virtuelle Identität erfährt. Die virtuelle Identität ist somit also nicht nur von der Erschaffung durch die reale Identität abhängig, sondern auch von ihrer eigenen Geschichte und Erfahrung im Spiel. Folglich beschreibt Gee, was ein gutes Rollenspiel für ihn ausmacht: „A good role-playing video game makes me think new thoughts about what I value and what I do not“ (Gee 2003, 56).