James Paul Gee

In seinem Buch "What video games have to teach us about learning and literacy" stellt Gee 36 "learning principles" (also Prinzipien des Lernens, siehe Appendix ab S. 221) auf. Allerdings lassen die Prinzipien oder besser ihre im Buch gewählte Reihenfolge eine gewisse Systematik vermissen. Während einige sich auf das Spiel als Lernumgebung beziehen ("All aspects of the learning environment (including the ways in which the semiotic domain is designed and presented) are set up to encourage active and critical, not passive, learning."), zielen andere auf generelle, nicht notwendigerweise auf Spiele oder Computerspiele bezogene Eigenschaften ab ("Learning even at its start takes place in a (simplified) subset of the real domain.") Außerdem verschwimmen bei Gee die Begriffe von Lernen, Bildung und Reflexion. Als Grundlage für seine Sicht auf das Lernen entwirft Gee die "semiotic domain", eine Sinnsphäre, die nicht nur das Faktenwissen zu einem bestimmten Kontext beinhaltet sondern auch Sozialverhalten, Sprache, Zeichen und Symbole oder auch Kleidung, also alle wahrnehmbaren Eindrücke, die einem gewissen Oberthema zugehörig scheinen. Um zu einer solchen Domäne Zugang zu bekommen, muss man sich deren Eigenschaften auf allen Ebenen aneignen und ihre Design-Grammatik, also das darunter liegende Regelsystem, verstehen. Wie genau das geschieht (also die Frage nach der Didaktik) wird bei Gee nur am Rande diskutiert, scheinbar unter der Prämisse, dass soziales Miteinander und das Erlernen der Kulturtechniken - eine Zugehörigkeit zu "semiotic domains" kann als solche verstanden werden - in der menschlichen Existenz schon immer implizit verhandelt wird. Er unterscheidet relativ grob das passive Lernen (passiv bezieht sich auf den Lerner, der hier nur Beobachter ist), das aktive Lernen und das aktive, kritische Lernen wobei letzteres zu erreichen laut Gee wünschenswert ist. Aktives Lernen bedeutet: "We learn to experience (see, feel and operate on) the world in new ways." (Gee 2007 S.24) Ferner soll sich daraus eine Vorbereitung für weiteres Lernen in den bestehenden und neuen Domänen ergeben, also eine Fähigkeit zur Reflexion und die Möglichkeit, Erkenntnisse in neuen Kontexten auch in veränderter Form anzuwenden, um damit neue Probleme zu lösen.
Während 'aktives Lernen' damit den Gedanken des situativen Lernens aufgreift, was bedeutet, dass Wissen anhand von authentischen, bedeutungsvollen Problemfällen durch den Lerner selbst konstruiert werden muss, beinhaltet das aktive, kritische Lernen zudem Aspekte, die wir mit dem Begriff der Bildung beschreiben können: die Entwicklung eines eigenen Selbst- und Weltbildes, welche das Individuum erst zum Agieren in der Welt befähigen. Wenn man die Welt als Konstrukt aus unterschiedlichsten "semiotic domains" auffasst, ergänzt also jede angeeignete Domäne das Weltbild und fordert vom Lerner, aufgrund der kritischen Komponente, eine Reflexion seines bisherigen Selbstbildes infolge eines veränderten Weltbildes.

Als Beispiel kann man den Themenbereich "Naturwissenschaft" anführen: Hier gibt es relativ klar definiertes Wissen, das teilweise in Subdomänen unterteilt ist (Physik, Chemie, Biologie etc.), es gibt ein eigenes Vokabular und domäneneigene Zeichen (z.B. c = Lichtgeschwindigkeit), bestimmte Kleidung (z.B. Kittel), eine bestimmte Rollenerwartung und daraus abgeleitete, domänenspezifische Handlungsmuster. Sobald Kinder üblicherweise in der Schule an diese "semotic domain" herangeführt werden, lernen sie etwas über die Welt und deren Funktionieren aus dem Erklärungskosmos der Domäne (z.B. dass nichts schneller ist als das Licht), was dann wiederum ihre Weltwahrnehmung beeinflusst (z.B. sichtbares Sternenlicht am Himmel ist Jahrtausende unterwegs, der Himmelskörper existiert möglicherweise gar nicht mehr). Ein Computerspiel, so Gee, ist nun genau solch eine Domäne, mit einer eigenen Sprache, speziellen Zeichen für bestimmte Funktionen, bestimmten akzeptierten Handlungsformen und so weiter. Wie in jeder anderen Domäne muss der Spieler diese Parameter zunächst kennenlernen, um weiter in die Domäne vorzudringen.